An dieser Stelle (statt Live-Bericht, da wir völlig privat vor Ort waren) ein paar Eindrücke vom gestrigen Metropole-Ruhr-Festival. Das Lineup war für alte Semester ja so unglaublich geil, dass es fast unmöglich schien, anno 2010 wirklich so ein Festival zu erleben. Umso gespannter durfte man sein, wie sich Bands heute präsentieren würden, deren Hochzeit ja schon locker 2 Dekaden zurückliegt. Und so wurde dieser Tag - wie erwartet - zu einer Mischung aus positiven und negativen Überraschungen.
Fangen wir mal mit den allgemeinen Punkten an: fairer Eintrittspreis war schon mal klasse. Miserabel war die Verpflegung vor Ort. Lieblose Massenware aus dem Großhandel (ausgelaugte Siedewürstchen, schlabberige Fabrik-Brötchen und kalte Schnitzel, der Kartoffelsalat war noch mit das beste). Wäre ja alles nicht so schlimm, wenn nicht ein Punkt erschwerend hinzugekommen wäre: laut "polizeilicher Anordnung" wurde ein Wiedereinlass ab 18 Uhr untersagt. D.h. man konnte nicht mal eben zum Dönermann oder Mäcces gehen, um sich ein Abendessen nach freier Wahl reinzupfeifen. Und beim festivaleigenen Imbissstand war ab 20 Uhr nichts Vernünftiges mehr zu bekommen. Über die Ursachen der Anordnung gab es widersprüchliche Aussagen - die Secu begründete dies mit möglicher Ruhestörung an Ostern (ach ja, und wenn 1500 ausgehungerte Metaller auf einen Schlag entlassen werden ist das etwa leiser???
), der Veranstalter selbst mit einem Autoaufbruch auf dem Parkplatz (auch diese Logik erschließt sich mir nicht
). Abgesehen von dieser passiven Freiheitsberaubung und Aushungerung lief organisatorisch alles glatt, sogar die Changeovers gingen verdammt flott über die Bühne.
Die musikalischen Ups und Downs:
Auf Savage Grace war ich unglaublich gespannt, hatte ich doch 1985 das Vergnügen, den einzigen deutschen Festivalgig dieses Geheimtipps zu genießen. OK, eigentlich ist es nur noch Chris Logue und die Begleitband von Roxxcalibur (auch wenn Chris das ganz anders sieht). Und er hat die Klampfe an den Nagel gehängt, um sich mehr auf den Gesang zu konzentrieren. Chris, deine alten Songs sind über jeden Zweifel erhaben, aber spiele bitte wieder Gitarre und such dir 'nen guten Sänger. Ansonsten war der Gig absolut erhaben, und die neuen Jungs spielten die alten Titel, als würden sie schon jahrelang nichts anderes machen. Für Fans ein absoluter Gänsehautmoment, für Savage-Grace-Newbies wahrscheinlich aufgrund der Gesangsleistung nicht gerade berauschend. Egal, ich bin Fan.
Apropos Gesang: der hat mir zwei Bands des Abend kaputtgemacht. Angel Dust haben in ihrem langen Repertoire eine Menge geiler Titel, aber live waren sie recht uninspiriert. Von Dirk Thurisch hätte ich wesentlich mehr erwartet, und auch insgesamt kommt die Band auf Scheibe besser bei mir an.
Wen's aber total zersemmelt hat, war Toto von Living Death. Meine Fresse, Living Death haben so geile Songs in der Hinterhand, aber was Toto da abgeliefert hat, war selbst mit dem Kult-Vorschuss kaum noch zu ertragen. Er wirkte nicht irre wie früher, sondern einfach planlos - und stimmlich kraftlos. Wo zum Teufel ist sein Organ geblieben, dass er heute die Titel wie Altersheim-Versionen präsentieren muss? Das waren nicht die Living Death, die mit "Protected From Reality" eines der wegweisendsten Speed/Thrash-Alben weltweit rausgebracht haben.
Doch die Triple-Headliner entschädigten für alles und haben gezeigt, was man auch nach 25 Jahren noch abziehen kann. Omen rockten bewährt wie immer ihre Klassiker runter und dürfen zu Recht stolz auf ihren jungen Sänger sein, der ein Top-Frontmann ist. Kenny Powell lässt sich selbst durch einen gebrochenen Finger nicht davon abhalten, die geplanten Gigs runterzuzocken. Respekt, und wie immer ein toller Gig. Dass Flotsam & Jetsam auch heute noch zu den absoluten Thrash-Highlights gehören (und seit ihrer Gründung in der Öffentlichkeit leider gnadenlos unterbewertet werden) haben sie auf ihrer letzten Live-DVD aus Polen ja schon eindrucksvoll bewiesen. Und auch in Oberhausen war die Band mit einem stimmlich fitten Eric A.K. absolut großartig - selbst der Sound in der ansonsten recht schrammeligen Halle war zum ersten Mal erträglich. Eigentlich glaubte ich ja, damit das Beste gesehen zu haben, und war auf Exciter eher neugierig, aber unaufgeregt. Und mir scheint es, dass Exciter heute ihre beste Zeit haben! Ricci und Clammy posten um die Wette, und kein Mensch vermisst Dan Beehler, wenn Rick Charron an den Kesseln so unglaublich Gas gibt und Kenny Winter das Publikum zusammenkreischt. Dieser Gig war einfach pure Energie, und wie gern würde ich die alten Songs der wirklich mies produzierten Scheiben nochmal in dieser Besetzung auf CD haben. Ich hab mir jedenfalls in den Arsch getreten, dass ich diese Band in den letzten Jahren so vernachlässigt habe, und werde schleunigst bisschen nachholen müssen. Exciter waren der absolute Live-Hammer und das perfekte Metal-Erlebnis.
Opa
P.S.: wer war denn noch da gewesen?