Metal-Talk > Metal-Themen allgemein

Metaller, ihre polizeilichen Erfahrungen und Lestat, der Bulle

<< < (2/6) > >>

JoS:
Dann starte diesen doch bitte ;)
Ich hab fast durchweg negative Erfahrungen. Mit der Kripo zugegebenermaßen weniger.
Aber ich denke da nur an ein Rock Hard Festival wo die Polizei nach 15 Minuten und über 20 Anrufen vor Ort eintraf und noch im Streifenwangen sitzen blieb, während ein skinhead auf dem am Boden liegenden Bekannten von mri eintrat, sodass der Rettungssanitäte rmit dazwischen gehen musste. Erstaunlicherweise wurde der Täter auch nicht gefasst 8sondern die falsche Person), obwohl sie bei eintreffen noch vor Ort war.
Angebliche Ruhestörungsdelikte gabs dann auch mal. Bzw. sagte Bulle 1) räumung wegen Ruhestörung und Bulle 2) wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht. Als ich fragte was denn nun der Fall sei wurde mir freundlichst mitgeteilt, dass ich die Nacht in einer Zelle verbringe, wenn ich nicht innerhalb der nächsten minute weg bin. Ähnliches immer mal wieder.

Lestat:
Ok, um das andere Top zu entlasten, mach ich grad ma hier neu auf.

Zunächst muss ich den Obba berichtigen: ich bin zunächst in der normalen Schutzpolizei, allerdings da in der gehobenen Laufbahn, also Kommissaranwärter. Titel wenn ich fertig bin: Polizeikommissar. Die Jungs, die bei der Krip sind, heißen dann Kriminalkommissar.

Dann zum Thema an sich: Ja, es gibt leider seeeehr viele Vollhonks unter meinen Kollegen. Zu viele. Es gibt aber auch sehr fähige Leute. Das kann man genauso wenig über einen Kamm scheren, wie man sagen kann, dass alle Ossis Rechte sind, alles Schwaben geizig oder alle Metaller Satanisten (letztere beiden Punkte sind wohl besonders haltlos).
Auch was die Rechtmäßigkeit der Polizeieinsätze und dem Verhalten dabei bei Demos angeht, gibt es gutes und schlechtes zu berichten. Es gibt Demos, da wurde mit viel Augenmaß aufgepasst und Demos, da wurde überreagiert. Oder in meinen Augen gut reagiert, aber dann falsch weiter gemacht (Stichwort Gewahrsam in Rostock, G8).

Wie dem auch sei - ich finde deine Pauschalisierung etwas - wenn wir schon so ehrlich sind - nicht nur ziemlich, sonder extrem arm. Quasi nach dem Motto "jeder, der mit der Polizei was zu tun hat (beruflich), kann nur ein Arschloch sein". Im Herzen bin ich ein Metaller (auch wenn ein eher liberaler, der nicht auf die Szenegrenzen pocht: ich höre auch manchmal andere Mucke), auch ich hatte lange Haare. Ich hab mich jedoch dann irgendwann dazu entschieden, zur Polizei zu gehen. Zwar darf man in Deutschland, wenn man mit allen Mitteln dafür kämpft, auch bei der Polizei lange Haare haben. Aber das war es mir nicht wert. Inzwischen fühle ich mich auch so wohl, mit meinen kurzen Haaren. Ich finde es sieht besser aus, und leichter zu pflegen sind sie auch.
Ich habe mich für den Job entschieden, weil zum einen irgendwo ein kleiner Idealist schlummer (der leider immer kleiner wird) und zum anderen mich die Aufgabenfelder irgendwo am Rande der GEsellschaft reizen. Ursprünglich wegen der Kriminalsache, in Richtung "Profiler" (wobei das in Deutschland nicht der richtige Begriff für den Job ist, aber ihr wisst, was ich meine). Inzwischen gar nicht mal mehr in die RIchtung, sondern ich visiere grad eher Reiterstaffel, Personenschutz oder Verhandlungsgruppe an.

Dann noch eine kleine Grundsätzliche Erweiterung des Threads: Gesellschaftskonformismus ja/nein:
Ich gehöre zu den Vertretern der Ansicht, dass sich jemand, der sich nicht Gesellschaftskonform (zumindest annähernd) verhält, auch nicht über etwaige negative Konsequenzen beschweren darf. Der Mensch ist ein Herdentier. Herden versuchen, den Feind irgendwie zu identifizieren. Dummerweise steckt es sehr tief im Inneren des Menschen auch auf das Aussehen zu achten. I.Ü. machen es alle Metaller, die lange Haare haben auf Grund der Nicht-Konformität, genau gleich, nur anders herum: die Kurzhaarträger gehören nicht zur Herde, sondern nur die Langhaarträger.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich finde die Diskussion über Haarpracht in der Musikszene überbewertet. Wenn man einen normalen bürgerlichen beruf ausüben will, muss man u.U. darauf achten, dass man von der großen Herde akzeptiert wird. Je nach Beruf. Informatiker, Künstler(Musiker...), Fotografen, forschende Akademiker (Also an Uni, FOrschungseinrichtungen...) und so weiter haben es da einfacher. Leute, die bei der Industrie oder dem Staat anheuern, haben es da eben etwas schwerer. Da ich auf dem freien Markt keinen Job gefunden habe, der mir zusagt (also wirklich frei nach dem Mott "will ich nicht machen" - nicht "habe nichts bekommen"), bin ich nun eben Staatsdiener. Da momentan kurze Haare bei Männern angesagt sind, und ich nach außen hin den Staat repräsentiere, ist es durchaus sinnvoll, wenn ich mich dem momentanen Bild, das man von mir erwartet etwas anpasse.

just my 2 cents...

JoS:
Nun, ich denke der Pauschalisierungsvorwurf geht definitiv an mich und diesen muss ich radikal beneinen. Ich gehe nicht davon aus, dass jeder Grünspan gleich ein Vollhonk ist, sicher nicht. Leider sind meine Erfahrungen fast durchweg negativ und somit solltest du auch ein gewissen Verständnis für meine Einstellung gegenüber unserer Exekutive verstehen.

Was die Konformität angeht, so haben wir anscheinend deutlich aneinander vorbeigeredet bzw. gehen von sehr unterschiedlichen Standpunkten aus.
Ich höre zwar fast nur Gitarrenmusik, aber das schließt zum Beispiel auch Blues und Rock'n'Roll ein, ebenso bin ich orchestraler Musik zugeneigt. Das ich lange Haare habe, hat für mich aber ganz klar etwas mit einer Lebenseinstellung zu tun. Ich habe kein Problem damit, direkt als minderwertig und seltsam eingestuft zu werden, aufgrund meines äußeren. Naja, wenn man mit zerfetzer jeans, aus der eine Zebra Leggins rausguckt, Scorpionsshirt und abgewrackter Lederjacke in der U-Bahn sitzt muss man damit rechnen. Aber egal, ich bin eh eigentlich immer in ein buch vertieft. Es geht dabei auch garnicht um den Herdentrieb (auch wenn du vollkommen Recht hast, bzgl. der Ausmaße). Es geht für mich auch darum, dass man auf metal einfach am besten mit Headbanging abgeht und das geht mir kurzen Haaren nicht. Außerdem find ichs endgeil, wenn sich Frauen in meine Haare krallen ;) Das Gefühl von verschwitztem Haar nach einem Konzert ist übrigens auch nicht verachten. Aber hier kann man wieder wunderbar eine Brücke schlagen:
Du sagst du siehst Konformität (auch wenn du's einschränkst) als Notwendig an. Da denke ich ganz anders. Ich bin vielleicht ziemliche blöde, aber zumindest intelligent genug dies einzusehen. Damit definiere ich mich weitesgehend als eigenständiges Lebewesen. Natürlich, ganz ohne Anpassung gehts nicht, ich studiere ja zum Beispiel auch. Man wird mich aber, sofern mein Haarwuchs nicht stark zurückgeht, aber auch im Job nicht mit kurzen Haaren und Anzug sehen. Natürlich muss man einschränken (Bgeleite auf Honorarbasis einen wissenschaftlichen Workshop für Kinder, dann zieh ich Shirts mit einfachem Schriftzug und ohne Leichen an), aber sich anpassen? Never ever!
Für dich mag Rockmusik vielleicht exzellente Mucke sein, für mich ist Rock'n'Roll ein Lebensstil, eine Grundeinstellung. Und lieber hock ich bei nem mickrigen Gehalt mit 2 Kumpels und nem kasten Bier in meiner kleinen Wohnung, streiche mir die Haare ausm gesicht und klimper auf meiner Klampfe, als bei guter Bezahlung den Regeln der Gesellschaft ausgesetzt zu sein. Rock'n'Roll 'til death!

Just my 2 Cents

Opa Steve:
Also meine Erfahrungen mit der Bullerei waren bisher eher neutraler Natur. Natürlich fällt man als Langhaariger schneller ins Fahndungsraster, wenn es um Alk- oder Drogen-Kontrollen geht. Ich sag nur Drogenfahnder bei Heilbronn - deren Karre auf dem jährlichen Weg zum Summerbreeze erkennen wir mittlerweile schon 200 Meter gegen den Wind bei dickem Nebel  :coolgr: . Aber ich hatte bei keiner Kontrolle das Gefühl, als Metaller besonders streng oder abwertend behandelt zu werden. Bei Alk-Kontrollen wurde sogar oft auf's Pusten verzichtet, obwohl ich angab, etwas getrunken zu haben.

Ich glaube, wenn ich das Gefühl hätte, aufgrund meiner Szene-Zugehörigkeit abwertend behandelt zu werden, dann würde ich das schon deutlich zurückgeben - allerdings ohne mich auf das Niveau meines Gegenüber herabzulassen, denn Verlust der Souveränität ist es doch, was sie bezwecken. Bis dahin (was bisher noch nicht vorgekommen ist) zieht jeder nur sein Ding durch, man muss sich auch nicht lieb haben (der Anblick eines Uniformierten ruft bei mir auch kein besonderes Glücksgefühl hervor), aber man kann sich vor Augen halten, dass diese Instanz manchmal auch gebraucht wird. Ich habe im Leben erst einmal einen Notruf abgesetzt, als ein Freund leicht die Kontrolle verlor und wir Suizidabsichten befürchteten. Du glaubst gar nicht, wie froh wir waren, dass uns ein Streifenwagen in wenigen Minuten gefunden hatte.

Ansonsten fällt es mir auch schwer zu glauben, dass "die Polizei" ein besonderes Problem mit Metallern hätte. Verglichen mit anderen Subkulturen sind wir doch recht friedlich und diszipliniert. Wir starten keine Straßenschlachten am ersten Mai und tragen Schwarz außerhalb des schwarzen Blocks. Wir werfen keine Mollis, keine Ziegel, und sind auch keine typischen Demo-Touristen. Ich hab schon so oft Tagestrips nach Venlo gemacht, und an der holländischen Grenze wurde ich als Metaller noch nie rausgefischt. Stattdessen winkt man laufend Baggypants-Träger und Hiphopper auf den Seitenstreifen. Und der Eindruck wurde uns auch schon von Polizisten bestätigt, die auf Metal-Festivals Kontrollen durchführten oder präsent sind. Ergebnis: "Jede Kirmes ist schlimmer". Ausnahmen bestätigen nun mal die Regel, sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite. Wir regen uns ja auch auf, wenn Metaller als kirchenabfackelnde Satanisten dargestellt werden, die nachts Tieropfer bringen. Also warum auch nicht den Trachtenclub Grün/Weiß differenziert sehen?

Mein Orden für den coolsten Polizisten geht aber nach wie vor an einen aus meinem Geburtsort. Gerufen wegen Ruhestörung, als wir morgens um 5 Uhr einen Soundcheck an der frischen Luft durchführten, hat er kein Protokoll aufgenommen, sondern mit uns gejammt. Das war mal 'ne coole Nummer  :bangersmiley:

Was ich aber tatsächlich mit Argwohn betrachte ist der Aufbau eines Polizei- und Überwachungsapparates, der auf die paranoiden Ideen eines gewissen Herr Schäubles basiert. Man sollte sich nicht darüber aufregen, wenn man im Leben mal mit einem uniformierten Kotzbrocken zu tun hatte. Man sollte sich auf die wichtigen Dinge konzentrieren, nämlich auf Generalverdächtigungen im wirklich großen Stil und Abbau der grundgesetzlichen Freiheiten. Was kümmert mich da noch ein Spinner, der 'nen schlechten Tag hatte oder tatsächlich keine Langhaarigen mag?

Oppa

Opa Steve:

--- Zitat von: Lestat am November 02, 2007, 08:44:06 Nachmittag ---Zunächst muss ich den Obba berichtigen: ich bin zunächst in der normalen Schutzpolizei, allerdings da in der gehobenen Laufbahn, also Kommissaranwärter. Titel wenn ich fertig bin: Polizeikommissar. Die Jungs, die bei der Krip sind, heißen dann Kriminalkommissar.
--- Ende Zitat ---

Huchmampf, echt jetzt?  :zunge:


--- Zitat ---Auch was die Rechtmäßigkeit der Polizeieinsätze und dem Verhalten dabei bei Demos angeht, gibt es gutes und schlechtes zu berichten. Es gibt Demos, da wurde mit viel Augenmaß aufgepasst und Demos, da wurde überreagiert. Oder in meinen Augen gut reagiert, aber dann falsch weiter gemacht (Stichwort Gewahrsam in Rostock, G8).
--- Ende Zitat ---

Also wenn linksradikale Gruppierungen wie NoG8 auf ihren Webseiten einen "Krieg" zu G8 androhen, die "Rote Flora" offen Diebstahl und Bandenbildung propagiert, und eigentlich gutgemeinte Demonstrationen zu doof sind, Randaletouristen wie den schwarzen Block aus ihren Reihen zu entfernen, dann hab ich vollstes Verständnis für Überreaktionen und Nervosität. Das ist nicht nur ein unsinniger Kampf (weil es auch viele Falsche trifft), sondern auch ein unfairer. Nur muss sich die Polizei an Regeln halten, die den Chaoten scheißegal sind. Wie soll das funktionieren? Kein Wunder, dass da ein anerzogener Hass auf Linke entsteht, und einem Polizisten bei der nächsten Gelegenheit der Knüppel zu schnell ausrutscht. Nichts gegen politische Ideen und Opposition, aber Chaoten sind mir ein viel größerer Dorn im Auge als der gepanzerte Wasserwerfer.


--- Zitat ---Im Herzen bin ich ein Metaller (auch wenn ein eher liberaler, der nicht auf die Szenegrenzen pocht: ich höre auch manchmal andere Mucke), auch ich hatte lange Haare. Ich hab mich jedoch dann irgendwann dazu entschieden, zur Polizei zu gehen.
--- Ende Zitat ---

Wir werden deinen Charakter einfach daran messen, wie angestrengt du in eine andere Richtung gucken kannst, wenn auf dem nächsten Summerbreeze die Zeltnachbarn wieder 'nen Joint kreisen lassen  :biggrin:


--- Zitat ---Inzwischen gar nicht mal mehr in die RIchtung, sondern ich visiere grad eher Reiterstaffel, Personenschutz oder Verhandlungsgruppe an.
--- Ende Zitat ---

Gibt es für Personenschutz nicht Mindestanforderungen? Also 140cm Oberkörperumfang, Stiernacken, Sonnenbrille und Armani?  :lachen:

Kerl, mach doch watt ohne Knarre. Ist viel stressfreier. Für "Können Sie auf 9mm rausgeben?" braucht man kein Abi....


--- Zitat ---Ich gehöre zu den Vertretern der Ansicht, dass sich jemand, der sich nicht Gesellschaftskonform (zumindest annähernd) verhält, auch nicht über etwaige negative Konsequenzen beschweren darf. Der Mensch ist ein Herdentier. Herden versuchen, den Feind irgendwie zu identifizieren.
--- Ende Zitat ---

Dein Realitätssinn in allen Ehren, aber das sehe ich anders. Die Menschheit ist noch längst nicht auf ihrer Endstufe des gesellschaftlichen Niveaus angekommen, und wir sollten daran arbeiten, diesen Herdentrieb zu bekämpfen anstatt ihn schulterzuckend zu akzeptieren. Ich finde, gerade bei Vorverurteilung aufgrund einer Zugehörigkeit hat man jedes Recht, sich zu beschweren. Das sollte uns unsere eigene Vergangenheit gelehrt haben, und gerade bei Amtsträgern sollte das psychologisch geschult werden. Denn Statistiken sprechen eine andere Sprache als subjektives Empfinden (besonders interessant die Statistik über Ausländerkriminalität), und eine solche Haltung darfst du dir als Polizist erst recht nicht erlauben. Ein solcher Spruch wie oben im Amt und beim Falschen, und du hast mächtig Ärger am Bein.

Opa

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln